kommwirtauschen

 [Komm wir tauschen!] In der Post

von
veröffentlicht am

Als wir an Pfingsten mit nackten Füßen und in dicken Jacken an der Nordsee entlangschlendern durften, wunderte sich unsere liebe Nachbarin, warum sie so viele dicke Briefe aus unserem Briefkasten ziehen musste. Das waren die Rückläufer aus der Tauschaktion um meine "Lichtpfützen und Schattenseen".

Fünf Bücher habe ich bis heute schon bekommen und freue mich über jedes einzelne. Fünf Bücher, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Fünf Bücher über fünf ganz verschiedene Sujets mit fünf Herangehens- und Präsentationsweisen.

Das größte Buch im Format einer LP kommt von Dirk, das kleinste im CD-Format von Oli, dazwischen drei Bände im Querformat von Stephan, Conny und Werner. Ein Schatz aus Papier.

Ich weiß nicht wo ich anfangen soll, also nehme ich die alphabetische Reihenfolge und fange direkt mit Conny Hilker an: Ihr Projekt "After the darkness there will be light" entstand in den Jahren vor 2014 also eigentlich in einem ähnlichen Zeitraum wie meine "Lichtpfützen und Schattenseen". In meist liegenden, körnigen Schwarzweißbildern beobachtet Conny Details auf Hamburger Friedhöfen, erzählt damit von Schwere und Mut, Traurigkeit und Hoffnung. Selbst Bilder im hellen Sonnenschein tragen Dunkelheit und Trauer und gleichzeitig leuchten Blüten gerade vor den dunkelsten Hintergründen hell und leicht. Das Buch führt mich weg in eigene Erinnerungen und holt mich zurück mit dem Bild eines eines blühenden Magnolienbaums, der für mich hier in Stuttgart immer für das Ende des Winters steht. Wenn in der Wilhelma die Magnolien blühen, beginnt die schwebende Zeit des Jahres.

Das zweite Buch stammt von Stephan Munsch, einem Fotografen, den ich aus vielen gemeinsamen Jahren in verschiedenen Fotoforen kenne und 'im echten Leben' bei Usertreffen kennenlernen dufte. Sein Buch "Schmetterlingsjahr 2019" führt mir einen (leider bedrohten) Reichtum vor Augen, den ich nur selten wahrnehme, obwohl ich ja täglich mit dem Rad durch Wiesen und Wälder unterwegs bin. Wo ich mit Glück ein schönes Landschaftsfoto finde, schaut er viel genauer hin und sammelt die Vielfalt der Falter und Schmetterlinge ein. Die wunderbaren, enziklopädisch anmutenden Makros sind im Buch mit ihren deutschen und lateinischen Namen beschriftet. So konnte ich (unter anderem) noch dazulernen, dass es auch einen Senfweißling gibt. Und wieder fühle ich mich ein Stück leichter :-D .

Als drittes erzähle ich über das Buch von Werner Pechmann. Über seinen Blog haben wir ja auch in der letzten Folge des 'Foblofons' schon gesprochen. Auf schönen, matten Seiten nimmt er mich im Buch "Neibsheim - andere Perspektiven, Bilder 2018-2020" mit in seine inzwischen gar nicht mehr so ganz neue Heimat im Kraichgau. In besonderen Farben und mit einem eigenen Blick sammelte Werner Eindrücke einer kleinen Stadt in einer hügelsanften Landschaft. Weder stehen die Postkartenblicke im Mittelpunkt (obwohl: eine schöne Postkarte würden viele Bilder abgeben), noch wäre der Blick despektierlich auf Zerfall oder Vergangenes gerichtet. Nein, es ist ein Portrait von Heimat. Fokussierte, durchaus auch kritische, Blicke fügen sich zu einem Bild, das vertraut und liebenswert wirkt, obwohl ich noch nie dort war.

Nummer vier ist das kleine weiße Juwel von Oliver Schlecht. Für seine "Auto-Mobilen Nah-Ansichten im Detail" hat er über einen Zeitraum von acht Jahren acht Museen besucht, um unser blechernes Kulturgut in 500 Aufnahmen zusammenzutragen. Diese vielen Bilder hat er für das Buch auf eine spannungs- und beziehungsreiche Shortlist herunter kuratiert. (Auch) Durch den musealen Kontext wirken die Aufnahmen alle perfekt inszeniert und als stimmiges Ganzes. Oliver zählt auch sein wechselndes Equipment auf und beweist damit nichts weniger, als dass eine eigene Bildsprache von der verwendeten Technik unabhängig ist. Ausrüstung macht Spaß, spielt aber eigentlich keine Rolle. Ein Museum fehlt übrigens in seiner Sammlung: Das Porschemuseum hier in Stuttgart. Du bist eingeladen, Oli!

Last but not least hat Dirk Trampedach mir sein Buch "Alte Automaten - Ein Foto-Projekt" zugeschickt. Er schreibt darin einen wichtigen Satz: "Eine gute Antwort finden sollten wir allerdings auf die Frage: Was hat das Projekt mit mir zu tun". Diese Frage passt zur ganzen Vielfalt der Bücher, die ich bekommen habe. Sie alle erzählen über die lieben Menschen, die mit mir getauscht haben. Fünf Bücher, die über fünf Fotografierende erzählen. Dirk also hat sich diese Wunderkisten aus unserer Kindheit vorgeknöpft, die uns damals schon fragwürdig und irgendwie aus der Zeit gefallen vorkamen: Kaugummiautomaten und ähnliche Krimskramsspender, oft geschunden und bemalt, Lost Places in Koffergröße, im Alltag fast so 'unsichtbar' wie Stephans Schmetterlinge. 

Unsichtbar wäre auch alle diese Bücher für mich geblieben, wenn Ihr fünf nicht meiner Idee gefolgt wärt. Ich freue mich, wie gut das funktioniert hat und bedanke mich von Herzen bei Euch! Ich danke für Eure Bilder, Bücher, Einblicke und Einsichten. Vielleicht trudelt über die Zeit noch das eine oder andere Buch ein, dann werde ich natürlich auch davon noch berichten.

Bringt Eure Bilder auf Papier und unter Menschen. Es macht glücklich!

Ich freue mich über Kommentare per E-Mail. Bitte nenne den Artikel im Betreff und einen Namen Deiner Wahl im Kommentar. Mit der Übermittlung einer E-Mail stimmst Du der Speicherung der übermittelten Daten und der Veröffentlichung der Nachricht an dieser Stelle zu.

Werner schrieb am 23.06.2021

Ein wunderbarer Beitrag, ein tolles Projekt. Danke, Stefan.

Wenn wir wollen, ist so viel möglich. Und oft sind es nur Kleinigkeiten, die nötig sind, um was Wunderbares zu „machen“.

Vielen Dank für dein Bemühen um Austausch und Interaktion.

Ein Wort zu meinem Büchlein: Nicht gezählte Spaziergänge mit und ohne Hund, Wetter und Licht, Jahreszeiten und immer wieder die alten Motive (neu) entdecken. So oder so ähnlich liegen sie auf meiner Festplatte. In das Buch sind sie auch deshalb gekommen, weil ein runder Geburtstag eines Menschen anstand, der hier im Dorf geboren und sein Leben hier verbracht hat. Meine manchmal nicht ganz so offensichtlichen Postkartenmotive „seines“ Dorfes zu versammeln und ihm zu schenken, war die Idee, die dahinter stand. Und dann dachte ich: Ich kenne den Asemwald…. Es ist Zeit, dass du Neibsheim kennenlernst.

Danke, Stefan. Dafür, immer wieder danke!

Liebe Grüße,

Werner  

 

Lieber Werner, ich habe zu danken! 

Die ganze Aktion war ein großes Fest für mich!

Bis bald, liebe Grüße zurück in den Kraichgau: Stefan