Fotografie

[#stuttgartbewegt] Instawalks zu Orten und Unorten in Stuttgart.

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Man kann Instagram vieles nachsagen. Ich folge einigen Stuttgarter Instagrammern und Stuttgarter Hashtags. Und die Welt (also auch Stuttgart) sieht auf Instagram immer ein gutes Stück perfekter und sensationeller aus als ich es alltäglich wahrnehme. Wahrnehmung. Das ist ja sowieso ein zentrales Thema. Eine geschärfte Wahrnehmung ist die Voraussetzung für Fotografie (und auch für das Urban Sketching). Eine geschärfte Wahrnehmung ist aber gleichzeitig eine besondere Wahrnehmung. Keine alltägliche. Sie lässt uns Dinge, Orte, Räume und Situationen finden, die im Alltag im Nebel der Beiläufigkeit versacken. Die hinter dem zurückstehen müssen, was näher liegt. Wie oft laufe oder fahre ich in Gedanken durch die Straßen, durch den Wald? So, dass nur noch irgendwelche Subroutinen im Gehirn die Außenwelt abarbeiten und dafür sorgen, dass ich nicht stolpere oder ins Gebüsch radle? Autopilot? Und selbst wenn die Gedanken sich nicht ganz nach innen wenden, dann sind es eben andere Dinge, die näher liegen: Der Mensch, mit dem ich rede, die Zeitung, die ich lese, der Textschnipsel oder das Bild auf dem Smartphonedisplay.

Die geschärfte Wahrnehmung hilft uns also. Deshalb funktionieren Fotografie und Sketching im Urlaub so gut. Gerade das Alltägliche zu sehen, wenn die Wahrnehmung gleichzeitig alarmiert ist und nach Besonderheiten, Bilckwinkeln und Beziehungen scannt, das ist im Grunde allerdings widersprüchlich. 

Man kann Instagram also vieles nachsagen: Den Alltag zu sehen, lehrt es vielleicht nicht. Aber um Leute zusammenzubringen, die gemeinsam und mit Ihren Kameras aus  dem Alltag heraustreten wollen, dazu taugt Instagram. Seit dem späten Frühjahr hatte ich aus einer Laune heraus damit begonnen, meinen jahrelang brachliegenden Instagram-Account tatsächlich zu nutzen. Ende Oktober spülte mich dann eine Mischung aus Zufall, Neugier und Gelegenheit zu einem Instawalk entlang der Stuttgarter Stadtautobahn. Zu dem Abschnitt, der unter dem Label 'Kulturmeile' oder (noch viel euphemistischer) 'Kulturufer' schon seit Jahrzehnten den städtebaulichen Diskurs in der Stadt befeuert. Das Stadtpalais Stuttgart (unser Stadtmuseum), selbst einer der Anlieger an der 'Kulturmeile', rief zur Diskussion und zur Erkundung dieses Stückes Stadt. Wo sind dort Orte, die uns bewegen? Positiv oder negativ? Und warum tun sie das?

In der Gruppe zu fotografieren ändert sofort die eigene Wahrnehmung. Natürlich ist eine Gruppe nicht nur positiv. Es geht andauernd zu schnell oder zu langsam, Leute stehen im Bild herum und man muss sich erst überwinden, eine Aufnahme auch zu machen, obwohl da eben schon jemand stand. Obwohl man nicht für sich beanspruchen kann, dass dieses Bild nun besonders einmalig wäre. 'Es ist schon alles fotografiert. Nur noch nicht von allen' (frei nach Karl Valentin). Die Bilder ficht das nicht an. Man sieht es nicht. Und die Wahrnehmung, die ist selbst an Orten, an denen man schon tausendmal war plötzlich auf 100%. 

 

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