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[Minox 35 MB] leicht und schwer

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Die kleine Revue hat längst den Dienst quittiert. Wie es aussieht, hat ihr Verschluss aufgegeben. Schon vor fünf oder sechs Jahren war ich der Meinung, einen Nachfolger für diese besondere Kamera zu brauchen und habe ihn in einer Minox 35 MB gefunden. Und wie das so ist mit Dingen, die man 'unbedingt' braucht: ich legte einen Film ein, machte 15 Bilder und stellte die Kamera dann in die Vitrine. Genau neben die Revue. 

Ein 'klassisches' Straßenfoto, das gut 5 Jahre in der Kamera gewartet hat. Das Sozialministerium gegenüber ist längst fertig und bezogen. Der freie Blick zur Stiftskirche ist inzwischen wieder Geschichte. Das Bild bleibt.

Als ich Ivan über das Foblofon kennenlernte, hat das vermutlich meine latent vorhandene Zuneigung zum Film getriggert. Das sieht man ja an den letzten Beiträgen hier im Blog. Also hab ich auch die kleine Minox wieder aus dem Glaskasten befreit und den alten Film auf zwei Streifzügen endlich voll gemacht.

Die Minox 35 MB ist ein schönes Stück klassisches deutsches Industriedesign. Mein Exemplar stammt aus dem Jahr 1988. Alles an dieser Kamera ist funktional. Das Objektiv wird durch das Öffnen der Abdeckung herausgeschoben. Die Abdeckung schützt auch den Sucher und die Batterieklappe. Winzige Schieber verlängern die Belichtungszeit auf das doppelte (Gegenlichtaufnahmen) oder aktivieren den Selbstauslöser. Die jeweilige Funktion erklärt sich anhand der knallroten Schriftfelder, die sie freigeben, wenn man sie benutzt. Dadurch warnen Sie auch davor, bei der nächsten Aufnahme vergessen zu werden. Alles an dieser Kamera ist selbsterklärend, selbst das manuell zu fokussierende Objektiv erklärt mit reicher Beschriftung die Schärfebereiche abhängig von der -ebenfalls manuell einzustellenden - Blende. Die Belichtungsmessung steuert die Verschlusszeit und sorgt - soweit ich das nach einem Film beurteilen kann - korrekt belichtete Bilder. 

Der Film entpuppte sich als Schwarzweissfilm. Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass mir das nach gut 5 Jahren nicht mehr klar war. Dass ich also tatsächlich Motive erwischt habe, die auch im Kontrast von leicht und schwer funktionieren, war letztlich Glück. Und jahreszeitlich bedingt.

Mein Lieblingsbild auf diesem Film: leicht und schwer

Leicht und schwer, das war etwas was mir sofort eingefallen ist, als ich die Filmstreifen (ja:) auf dem Leuchttisch mit der DSLR abfotografiert habe. Licht und Schatten, Lagerndes und Strebendes, Schwebendes. Das fand ich spannend. Und ja, das ist meine aktuelle Methode: Ich fotografiere die Negative. Scannen ist mir zu mühsam und die Ergebnisse sind nicht besser. Die Umwandlung und die (geringfügige) Nachbearbeitung mache ich in diesem Fall mit JPG-Illuminator, einem schlanken freien Programm, das zwei User des Forums 'Digitalfototreff' miteinander entwickelt haben und seit Jahren pflegen. 

Leicht und schwer ist auch die analoge Fotografie für mich. Sie ist etwas altvertrautes (für mich), die Kamera erlaubt mir genau die Entscheidungen, die ich auch mit der DSLR in der Regel aktiv wähle (Fokuspunkt und Blende) und verlangt sonst nichts von mir. Das alles ist spielerisch. Für die Straße wähle ich meine Einstellungen vor und muss weiter gar nichts mehr tun als zu spannen und auszulösen. Schwer dagegen ist es, sich um die Entwicklung des Films kümmern zu müssen. Wochenlang auf die im Großlabor verschollene Lieferung zu warten (wie in diesem Fall - zum Glück mit gutem Ende), jedes Bild erst nochmal digitalisieren zu müssen und nicht ohne Nachbearbeitung auszukommen (die Invertierung und ein Zuschnitt sind das Mindeste).

Lohnt sich das? Momentan lohnt es sich für mich, ja. Das mag damit zu tun haben, dass wir alle uns unsere Hobbies und unsere Heimat zur Zeit immer wieder neu erschließen (müssen) aber ich habe des Eindruck, dass da mehr ist. Eine emotionale Ansprache, die ich nicht erklären kann. 

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