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[30 Jahre später] Once upon a time in the west

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Wir bleiben in der Vergangenheit. Wir bleiben analog. Wir bleiben in den USA. Nach den sechzig Jahre alten Aufnahmen meines Schwiegervaters sind heute wieder Bilder dran, die ich selbst aufgenommen habe. 1993 war das, dreißig Jahre später als Franz. Und es ist inzwischen auch schon fast wieder 30 Jahre her.

Damals war viel Veränderung in meinem Leben. Für diese Bilder zentral: Ich war mitten im Studium. Die Reise trat ich mit zwei Kommilitoninnen und einem Kommilitonen an. Wir ließen uns ohne viel Vorbereitung mit einem Mietwagen durch den Westen der vereinigen Staaten treiben und stießen dann im zweiten Teil der Reise zu einer Architektur-Exkursion des Tragwerkslehre-Instituts der Uni Stuttgart, die den Nordosten von Chicago über Philadelphia bis New York erschloss. Irgendwie ging das alles ohne Internet, ohne (mobiles) Telefon und sogar ohne Kreditkarte. Ich weiß nur nicht mehr, wie. Und klar: Digitalkameras gab es auch nicht. Es gab Diafilme. Und eine Revue 35 CC.

Vom Leben und vom Staub der Vitrine gezeichnet :-)

Ein kurzer Abriss zu dieser Kamera: Die Revue 35 CC war eigentlich eine japanische Chinon Bellami aus dem Jahr 1982. Womit man schon mal festhalten kann, dass Fotoausrüstung früher langsamer alterte. Sie hatte etwa die Größe einer Minox 35 und auch ein sehr ähnliches Konzept. Miniaturisiertes Gehäuse mit mechanisch einfaltendem Objektiv, 35mm f2.8 Festbrennweite mit manueller Fokussierung, manueller Filmtransport, Umkehr-Galilei-Sucher mit Leuchtrahmen, fertig. Sie passte in die Hosentasche und genau da war sie auch drin. Unauffälliger wurde es seither selbst mit dem Smartphone nicht mehr.

Der erste Teil unsere Reise führte uns nach San Francisco, Los Angeles und San Diego. Einmal die Küste runter und im Hinterland wieder hoch. Der Yosemite Nationalpark war auch dabei. Und damit der Halfdome, das ikonische Fotomotiv von Ansel Adams. Aber von ihm wusste ich damals noch nichts. Meine Helden waren Architekten, nicht Fotografen, die kamen erst später. Und deshalb sind diese Bilder auch wie sie sind: tendenziell ein bisschen menschenleer, ordnend, in Beziehungen setzend. Bei näherer Betrachtung ist es für mich fast irritierend, wie viel meiner heutigen Betrachtungsweise damals schon da war. Vielleicht ist das ja auch irgendwie gut oder normal, ich weiß es nicht.

Heute zeige ich nur den ersten Teil der Bilder. Den Westen. Viel Roadmovie, Natur, ein bisschen Stadt. Vermutlich spielt mir meine Erinnerung einen Streich aber irgendwie sehen die Bilder so aus, wie ich den Westen auch heute noch vorstelle. Details mögen sich verändert haben, die Stimmung und die Mode vermutlich auch. Aber sonst?

Der wesentlich architekturlastigere Nordosten kommt dann in einem zweiten Teil. Und zwischendurch zeige ich vielleicht auch mal wieder etwas Aktuelles. Aber ich komme zur Zeit kaum dazu, neue Aufnahmen zu machen, die über Schnappschüsse hinausgehen. Ab Mai wird das besser. Bestimmt!

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Werner schrieb am 26. März 2021:

Wie schön, dass du uns auf deine so lang schon zurückliegende Reise mitnimmst. Tatsächlich tut es gut, diese Fotos zu sehen in unseren pandemischen Zeiten, in denen unser Urlaub aus kurzen Ausflügen nach Kloatien, Flurenz, Großbettanien oder Kochlumbien besteht. Meist halten wir uns ja in Büroslawien auf. 😊

Sieht es heute dort noch so aus, fragst du in deinem Beitrag. – Die Frage, die ich mir immer stelle angesichts solcher alter Aufnahmen ist die, ob sich wohl unser Blick in 30 Jahren geändert hat: Wären es immer noch die selben Motive? Ähnliche Ausschnitte? Oder wären es gänzlich andere Dinge, die heute unser Aufmerksamkeit auf sich ziehen würden? Und: Wäre es dann eine total andere Reise? Das, was wir sehen und wahrnehmen hat ja einerseits immer mit unseren Stimmungen und Befindlichkeiten zu tun, aber unser Sehen ist eben auch durch unsere Erfahrungen und unser Wissen (und Nichtwissen) beeinflusst.

Ich halte die Wahrscheinlichkeit für groß, dass sich in den dreißig Jahren , wie du selbst schreibst, gar nicht viel geändert haben wird. Wir aber heute es anders zeigen würden.

Liebe Grüße,

Werner

 

Stefan schrieb am 27. März 2021

Ja, lieber Werner. Vermutlich ist das so wie Du sagst. Vor allem aber, ist so eine Reise unwiederbringlich. Wir sind zwar alle im Raum Stuttgart geblieben, der Kontakt ist aber sehr lose geworden. Unsere Lebenswege haben ganz unterschiedliche Verläufe genommen. Die Erinnerung an diese Reise wird aber auf immer mit Nicole, Mika und Henning verknüpft bleiben. Und ohne diese drei, hätte es diese Reise nicht gegeben. Und keines dieser Fotos.

Aber auch Orte ändern sich. Wir waren dort auch bei meiner kalifornischen Familie. Bei meiner Tante und meinem Onkel. Das bedeutete mir viel weil meine Mutter wenige Monate vor der Reise gestorben war. Ihre Schwester und ihr Mann luden uns alle in ein kurioses Restaurant ein: Im Eingangsbereich hingen die Wände voller abgeschnittener Krawatten. Drinnen waren Krawatten verboten. Von meiner Großcousine weiß ich,  dass das damals abgelegene Restaurant nicht mehr existiert. Die Stadt ging darüber hinweg.

Viele Grüße: Stefan

Pinnacle Peak Steakhouse, Santee CA 1993