Architektur

[i.A.] Kunst am Bau

von
veröffentlicht am

Die Wohnstadt Asemwald ist bis heute geprägt von ihrem glücklicherweise nie grundlegend abgeänderten Farbkonzept. Alle Eingangshallen haben mit verschlungenen mehrfarbigen Bändern gestaltete Wände, die außenliegenden Treppenhauswände sind farbig, das Leitsystem auf dem ganzen Grundstück folgt dem Farbkonzept, auf dem Gelände stehen mehrere bunte Plastiken, die größte davon mitten in der Brunnenanlage, kleinere auf dem Hügel neben dem Gemeindezentrum und im Bereich des Spielplatzes. All diese Gestaltungselemente stammen von Professor Emil Kiess aus Donaueschingen.

Der Nachlass des noch lebenden Künstlers wird durch eine Kunststiftung erschlossen und in kleinen Ausschnitten auf einer sehr sehenswerten Website präsentiert.

Ebenfalls sehenswert sind Ausmalungen im Asemwald, die weitaus seltener zu sehen sind, weil sie im Verborgenen ihr Dasein fristen und durch eine Vielzahl von Eingriffen kaum noch als Ganzes wirken können. Es handelt sich um die Ausgestaltung einer einzelnen Tiefgaragenachse, die 1971 entstand. Anlass für dieses Projekt war die Durchführung des Richtfestes der Wohnstadt Asemwald. Offenbar entschied man sich damals im Juni, das Fest in der hellen und offenen oberen Ebene der Tiefgarage des Gebäudeteils A zu feiern. Wettergeschützt, mit Stromversorgung und mit einem großen und sicheren Außenbereich (der heutigen Garagenzufahrt) mit Respektabstand zu den mächtigen Rohbauten.

Der Künstler gestaltete für diese Feier die Stützen der Garage mit farbenfrohen Banderolen und dem vielfach widerholten Logo der Wohnstadt.

Nächste Woche beginnen in dieser Garage unvermeidliche und tiefgreifende Sanierungsarbeiten an der Bausubstanz, die wohl zur Zerstörung der Ausmalungen führen werden. Ein Verwaltungsbeirat der Eigentümergemeinschaft hat mich daher gebeten, dieses Stück Kunst am Bau in Ihrem letzten Zustand nochmals zu dokumentieren, damit wir Eigentümer nach der Betonsanierung der Garage darüber entscheiden können, ob wir uns auch eine Wiederherstellung dieses verborgenen Kunstwerks wünschen.

Ich freue mich über Kommentare per E-Mail. Bitte nenne den Artikel im Betreff und einen Namen Deiner Wahl im Kommentar. Mit der Übermittlung einer E-Mail stimmst Du der Speicherung der übermittelten Daten und der Veröffentlichung der Nachricht an dieser Stelle zu.

 

Werner schrieb am 18. März 2022:

Wie spannend!  Und wie farbig und klug. Schon deine Fotos zeigen, wie aus einer tristen Parkebene ein lebensfroh gestalteter Ort werden kann. Dazu braucht es gar nicht einmal viel.

Der Asemwald entpuppt sich – so scheint`s – immer wieder als einerseits kreativer Ort und andererseits als Ort mit kreativem Output. Hast du dich mal mit dem Gedanken getragen, alle deine Artikel (mit Fotos und Zeichnungen) über den Asemwald in einem Band zusammenzufassen?   Wäre doch ein lohnendes Projekt.

Danke wieder einmal für deinen anregenden Beitrag

Liebe Grüße,

Werner

Stefan schrieb am 18. März 2022

Danke, lieber Werner,

ich glaube es ist an vielen Orten so, dass Ihre Schönheit erst entdeckt und erarbeitet sein will. Und ich weiß, da Du bestimmt einer der letzten bist, dem man so was sagen muss. 😄 Ich muss es mir selbst immer wieder mal sagen, um wirklich die Augen aufzumachen. Immerhin hat es rund 18 Jahre gedauert, bis ich in diese Garage gefunden habe. Und es war keine Woche zu früh. Aus meiner Quarantäne höre ich drüben die Pressluftmeißel und Höchstdruckstrahlgeräte am salzgeschädigten Beton nagen. Die Ausmalung wird mittlerweile zerstört sein, mindestens teilweise. Ich hatte es ja schon 'ankündigen' müssen.

Einen Sammelband 'Asemwald' gibt es tatsächlich nicht, auch nicht in meiner Planung. Damals, als ich 'Heimatfilm' fotografiert habe, hatte ich mir zwei Hefte davon gedruckt. Bewusst mit dem Aussehen alter Schul- oder Schülerzeitungshefte. Mattes Papier. Schreibmaschinenschrift. Ich glaube nicht, dass ich das heute nochmal angehen will. Aber unsere Wohnstadt hat noch mehr Überraschungen. Eine Hauszeitschrift, vierteljährlich, finanziert von der Eigentümergemeinschaft. Ein Mitteilungsblatt für unser vertikales Dorf. Dort haben es einige meiner besseren Asemwaldbilder auf die Titel und in die Hefte geschafft. Und auch diese Fotostrecke wird, gemeinsam mit dem Artikel in leicht angepasster Form, im nächsten Heft erscheinen.

Viele liebe Grüße in den Kraichgau: Stefan