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[analog-digital-analog] Ein Pendelschlag

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Als Mitte der 90er Jahre der Boom der digitalen Fotografie einsetzte, war bald klar, dass die analoge Fotografie auf Film an Bedeutung verlieren würde. Und das ging sehr schnell und sehr gründlich. Schon im Jahr 2000 wurden mehr digitale als analoge Kameras verkauft - und das obwohl die Dinger damals meist noch mit zwei, höchstens drei Megapixeln auskommen mussten und folgerichtig nur für Schnappschüsse taugten. Aus dieser Zeit stammt ein Großpack Diafilme, der ungekühlt ein Vierteljahrhundert in einem Schrank lag und jetzt bei mir gelandet ist.

Agfa CT 100, Ablaufdatum 2002, +2 Blendenstufen (bearbeitet)

Eigentlich bin ich ja seit kurzem stolzer Besitzer eine Pentax K-3 III und total begeistert von dieser Kamera. Trotzdem lässt mich die Idee nicht los, mit diesen alten Filmen und (vermutlich) mit meiner winzigen Minox 35 etwas Zusammenhängendes zu versuchen. Ein 'Projekt', wie man so schön sagt. Doch dazu muss erst klar sein, was mit den Filmen noch anzufangen ist. Ein Test musste her.

Bei klassischen Farbfilmen (Farbnegativfilm) sagt man, pro Jahrzehnt der Lagerung solle man etwa eine Blende überbelichten. Was passiert im schlimmsten Fall? Die Negative werden sehr 'dicht'. Dichte Negative sind aber etwas, das auch mit aktuellem Film gerne gemacht wird, um dann in einer angepassten Digitalisierung besonders starke Kontraste und trotzdem eine gute Durchzeichnung zu erzeugen: https://www.johnnypatience.com/blog/the-zone-system-is-dead

Bei Diafilm regierte dagegen seinerzeit meist die Sorge, eine Überbelichtung würde einfach zum Verlust der hellen Bildteile führen und die Bilder schlicht und ergreifend unbrauchbar machen. Ich hab es trotzdem versucht. Jedes Bild in vier Versionen: Belichtung nach aufgedruckter Filmempfindlichkeit und drei verschiedene Überbelichtungen mit +1, +2 und +3 Blenden. Gerade so das, was ich mit der Minox 35 bei Filmmaterial mit originalen ISO 100 noch einstellen kann.

Unbearbeitete Scans:

Nachbearbeitete Scans:

Den Testfilm habe ich bei Khrome in Hamburg entwickeln und scannen lassen. Die machen das toll, mit der einen Einschränkung, dass man seinen Film nur gegen Aufpreis wieder zurück bekommt. Meiner liegt jetzt also dort und wenn ich es mir nicht anders überlege, geht er irgendwann in den Müll. Das widerspricht eigentlich dem, was mich an der analogen Fotografie heute wieder reizt: Nämlich dass es dieses eine Original der Aufnahme gibt. Etwas, das man anfassen und mit bloßem Auge betrachten kann. Und dass alles, was danach kommt, zwingend eine Kopie ist. In Zukunft werde ich also eher wieder bei einem Dienstleister gerahmte Dias machen lassen und dann selbst digitalisieren. Mit dem Makroobjektiv und der K-3 III. Das wollte ich eh schon lange mal versuchen.

Heute gibt es hier also keine Fotos zu sehen, mit denen ich etwas besonderes ausdrücken wollte. Heute gibt es einfach Testbilder. Khrome hat (erwartungsgemäß) jedes Bild so eingescannt, dass die mittlere Helligkeit am Ende stimmt. Wie früher führt das dazu, dass unterbelichtete Bilder eher flau und grau, überbelichtete dagegen eher hart und kontrastreich ausfallen. Und genau das hat sich auch für diesen uralten Diafilm bestätigt. Schon eine Blende bewirkte eine klare Verbesserung aber mit zwei Blenden gelangt man in einem Bereich, in dem der Film tatsächlich wieder nutzbar wird. Extrem verschobene Farben, ein derber Magenta- und Violettstich aber die Kontraste und Details werden wieder so gut, dass man damit etwas anfangen kann. Bei 3 Blenden Überbelichtung knallen die Rottöne herrlich satt aber die Kontraste werden teilweise schon zu hart und die Bildinhalte in den Lichtern gehen nun tatsächlich flöten.

Mein Optimum sehe ich vielleicht bei knapp 2 Blenden Überbelichtung. Manche Szenen vertragen ganz offensichtlich auch 3 Blenden. Der "2x"-Schieber an der Minox bekommt dadurch eine ganz neue Bedeutung: Eigentlich dient der dazu, Gesichter im Gegenlicht aufzuhellen. Mit dem alten Material und mit dem Prozess, die Dias anschließend wieder zu digitalisieren, wandelt sich seine Aufgabe. Nun kann er einem Bild einen ordentlichen Kick Härte verpassen (was manchmal passt (s.o.) und manchmal nicht so:  

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